Was ist Psychotherapie?

Psychotherapie ist die Behandlung psychischer („seelischer“) Erkrankungen mit Hilfe wissenschaftlich anerkannter Verfahren. Sie kann bei Problemen wie Störungen des Denkens, Fühlens, Erlebens und Verhaltens helfen. Sie kann auch bei psychosomatischen Erkrankungen wirksam sein. Psychosomatik bedeutet, dass die Psyche einen schädigenden Einfluss auf den Körper (Soma) hat.

Die Ursachen für die Entstehung einer psychischen Erkrankung sind meist multifaktoriell. Das bedeutet, dass biologische, soziale und psychische Faktoren eine Rolle spielen. Jeder Mensch wird im Laufe seines Lebens mit verschiedenen Herausforderungen und Problemen konfrontiert, die es zu bewältigen gilt. Oft können diese Probleme allein oder mit Hilfe von Freunden oder Verwandten bewältigt werden. Manchmal kommt es jedoch zu einer so starken Beeinträchtigung oder Überforderung, dass - ähnlich wie bei einer körperlichen Erkrankung - professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden sollte.

Zu den Methoden der Psychotherapie gehören Gespräche, Übungen, Rollenspiele oder Entspannungsverfahren. Eine medikamentöse Therapie mit Psychopharmaka kommt unter Umständen und je nach Fall in Betracht, muss aber von einem Facharzt für Psychiatrie oder dem Hausarzt verordnet und begleitet werden. Eine Kombination von Psychotherapie und Psychopharmaka kann sehr wirksam sein.

Seit 1999 gibt es das Psychotherapeutengesetz, das regelt, wer die Berufsbezeichnung Psychotherapeut führen darf. Die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“ ist gesetzlich geschützt und darf erst nach einer mehrjährigen Weiterbildung und einer erfolgreichen Approbation geführt werden. Voraussetzung für die Weiterbildung ist ein abgeschlossenes Studium.

In der Psychotherapie gibt es verschiedene Behandlungsverfahren und -methoden, von denen derzeit drei als Kassenleistung anerkannt sind: Die Verhaltenstherapie, die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und die analytische Psychotherapie. Im Erwachsenenbereich ist auch die Systemische Therapie als Kassenleistung anerkannt.

Die Verhaltenstherapie ist ein psychotherapeutisches Behandlungsverfahren, dessen Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Die Verhaltenstherapie basiert auf Lerntheorien, die ihren Ursprung in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts haben. Grundannahme ist, dass psychische Erkrankungen durch Lernprozesse entstehen und daher auch wieder verlernt oder umgelernt werden können. Jedes Verhalten, jeder Gedanke und jede Emotion ist Teil einer Lernerfahrung und kann daher auch wieder „verlernt“ werden. Die Verhaltenstherapie beschäftigt sich mit dem Denken, Fühlen, Verhalten und den körperlichen Reaktionen eines Menschen. Unsere Gedanken beeinflussen unsere Gefühle und unser Verhalten und umgekehrt. Wenn es uns psychisch schlecht geht, hat das Auswirkungen auf unseren Körper. In der Verhaltenstherapie geht es darum, aktuelle dysfunktionale Verhaltens- und Denkweisen so zu verändern, dass neue Lernerfahrungen (neue Fertigkeiten, funktionalere Gedanken, funktionalere Gefühle, funktionalere Körperreaktionen) gemacht werden können, um psychische Symptome zu lindern. Der Patient lernt sich selbst besser kennen und lernt, seine Schwierigkeiten besser zu verstehen und zu bewältigen (Hilfe zur Selbsthilfe).

In der Verhaltenstherapie mit Kindern und Jugendlichen gibt es zahlreiche evaluierte Behandlungsmanuale, die sich entweder auf Störungen (z.B. Depressionen, Ängste) oder auf Fertigkeiten (z.B. selbstsicheres Verhalten, soziale Kompetenzen) spezialisieren. Im Mittelpunkt steht jedoch immer die Individualität des Menschen, so dass die Behandlung individuell angepasst wird. In der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen werden kreative Methoden, spielerische Interventionen, Arbeitsblätter, Bilderbücher, Verhaltensexperimente und Rollenspiele eingesetzt. Die Einbeziehung der Bezugspersonen ist bei jüngeren Kindern, aber auch bei Jugendlichen ein zentrales Element.

       

Wann ist Psychotherapie sinnvoll?

  • Schrei-, Schlaf- und Fütterprobleme bei Säuglingen
  • Entwicklungsverzögerungen, z.B. in der Sauberkeitsentwicklung
  • Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Lernstörungen
  • Motorische Unruhe und Überaktivität
  • Impulsivität, Selbstregulationsprobleme
  • Aggressives, oppositionelles oder verweigerndes Verhalten
  • Delinquentes Verhalten wie Stehlen oder Schulschwänzen
  • Rückzug, Kontakt- und Beziehungsprobleme (mit Eltern, Freunden oder anderen Personen)
  • Traurigkeit oder gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit
  • Selbstwertprobleme
  • Selbstverletzendes Verhalten und Selbstmordgedanken
  • Angst und Anspannung
  • Starker Gewichtsverlust in kurzer Zeit ohne körperliche Ursache
  • Schwierigkeiten in der Sexualität
  • Tics
  • Wiederkehrende, sich aufdrängende Gedanken
  • Schlafstörungen
  • Körperliche Beschwerden (z.B. Bauchschmerzen) ohne organische Ursache
  • Belastende und traumatisierende Erlebnisse
  • Suchterkrankungen
  • Sucht
       

Wie läuft eine Psychotherapie ab?

Kontaktaufnahme

Gerne können Sie mit uns telefonisch einen Termin für ein unverbindliches Erstgespräch vereinbaren. Im Erstgespräch haben Sie die Möglichkeit, Ihr Anliegen und Ihre Fragen zu klären und wir besprechen gemeinsam das weitere Vorgehen. Bitte bringen Sie zum Erstgespräch Ihre eGK (Versichertenkarte) mit, eine Überweisung ist nicht erforderlich. Wenn Sie bereits Vorbefunde, Untersuchungsergebnisse oder Abschlussberichte von Fachkollegen (Psychotherapeuten, Psychiater, Ergotherapeuten, Logopäden) oder Kliniken haben, bringen Sie diese gerne bereits zum ersten Termin mit.

Klärung des Behandlungsbedarfs

Im weiteren Verlauf wird geklärt, ob eine behandlungsbedürftige Störung vorliegt und ob eine Psychotherapie oder eine andere Empfehlung angezeigt ist. Gemeinsam mit Ihnen wird ein geeignetes Behandlungsangebot besprochen und ausgewählt. Ist eine weiterführende psychotherapeutische Behandlung indiziert, informieren wir Sie gerne über die verschiedenen Verfahren, Anwendungsformen und den Ablauf. Ist keine Psychotherapie indiziert, informieren wir Sie bei Bedarf über Alternativen.

Diagnostik

Um die Problematik genau erfassen zu können, erfolgt eine umfassende Diagnostik der Symptomatik. Dazu werden die Beschwerden, Probleme und Schwierigkeiten umfassend analysiert. Besonders wichtig ist dabei auch die individuelle Krankheits- und Lebensgeschichte, um mögliche Ursachen und Zusammenhänge erkennen zu können. Es erfolgt eine Testdiagnostik mit aktuellen standardisierten Testverfahren, ggf. werden auch Leistungs- und Entwicklungstests durchgeführt. Außerdem findet in dieser Phase das gegenseitige Kennenlernen statt, die Beziehungsebene zwischen Patient/in und Therapeut/in ist eine wichtige Behandlungsvoraussetzung für den Therapieerfolg.

Therapie

Entscheiden sich alle Beteiligten für eine Psychotherapie, wird ein Antrag beim zuständigen Kostenträger gestellt. Nach der Bewilligung beginnt die eigentliche Therapie, deren Behandlungsplan sich nach den individuellen Bedürfnissen und den gemeinsam erarbeiteten Zielen richtet. In der Regel findet eine Therapiesitzung pro Woche zu einem fest vereinbarten Termin statt. Man unterscheidet zwischen Einzel- und Gruppentherapie. Eine Einzeltherapiesitzung dauert 50 Minuten, eine Gruppentherapiesitzung 100 Minuten. Eine Kurzzeittherapie dauert ca. 24 Therapiesitzungen plus 6 Stunden mit Bezugspersonen, eine Langzeittherapie ca. 60 Stunden plus 15 Stunden mit Bezugspersonen. Verlängerungen sind möglich. Für eine umfassende Therapie sollte ein Zeitraum von ein bis eineinhalb Jahren, gegebenenfalls auch länger, eingeplant werden, da Psychotherapie Zeit braucht. Die Dauer der Gesamtbehandlung richtet sich nach den individuellen Bedürfnissen. Welches Therapieangebot für Sie das richtige ist, besprechen wir zu Beginn. Es ist auch möglich, dass einzelne Sitzungen gemeinsam mit den Eltern oder anderen Bezugspersonen stattfinden. Darüber hinaus finden in regelmäßigen Abständen Elterngespräche statt, die für die Behandlung von großer Bedeutung sind.  

Kooperation

Oft ist es für die Behandlung wichtig, weitere Fachkollegen, Lehrer, Erzieher oder andere pädagogische Einrichtungen mit einzubeziehen. Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, nach weiteren Unterstützungsmöglichkeiten zu suchen, z.B. in Form eines Erziehungsbeistandes oder einer sozialpädagogischen Familienhilfe. Dabei sind wir Ihnen gerne behilflich. Da uns Ihre Daten sehr wichtig sind und wir diese jederzeit vertraulich behandeln werden, erfolgt ein Austausch mit den genannten Personen nur mit Ihrem ausdrücklichen schriftlichen Einverständnis durch Entbindung der Schweigepflicht.

       

Wer übernimmt die Kosten?

Gesetzliche Krankenkassen

Die Behandlung wird in der Regel von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, sofern eine behandlungsbedürftige psychische Erkrankung vorliegt. Ich habe eine Kassenzulassung, so dass Sie zunächst nur Ihre egK (Versichertenkarte) mitbringen müssen. Weitere Formalitäten werden beim Erstgespräch besprochen.

Private Krankenversicherung, Beihilfe, Selbstzahler

Die meisten privaten Krankenversicherungen sowie die Beihilfe übernehmen die Kosten für eine ambulante Psychotherapie. Allerdings gibt es hier keine einheitlichen Regelungen, ob und in welchem Umfang die Behandlung übernommen wird, hängt von Ihrem Vertrag ab. Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, setzen Sie sich bitte vor Beginn der Therapie mit Ihrer privaten Krankenversicherung oder Beihilfestelle in Verbindung und klären Sie die Modalitäten. Private Krankenversicherungen und Beihilfestellen haben in der Regel eigene Antragsformulare, die Sie vorab anfordern können. Wenn Sie die Kosten selbst tragen möchten, ist dies selbstverständlich möglich. Es erfolgt keine Datenübermittlung an die Krankenkasse. Die für Sie entstehenden Kosten richten sich nach der Gebührenordnung für Psychotherapeuten (GOP).

Ausfallhonorar

Die Praxis ist eine reine Bestellpraxis, d.h. es werden feste Termine vereinbart und keine Paralleltermine vergeben. Die Krankenkassen oder Beihilfestellen übernehmen nur die Kosten für tatsächlich erbrachte Leistungen. Daher wird für nicht wahrgenommene oder nicht rechtzeitig (innerhalb von 48 Stunden vor dem Termin) abgesagte Termine ein privat zu zahlendes Ausfallhonorar zu erheben. Dieses ist unabhängig vom Grund der Verhinderung.

Lea Finke, M.A.
Kinder- und Jugend­lichen­psycho­therapeutin
Alle Kassen und Privat
Termine nach Vereinbarung

Haupstr. 35, 90547 Stein
Tel.: +49 (0)911 25547947
Fax: +49 (0)911 25547948